Stadt Ditzingen

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Christoph Dionysius von Seeger

1740 - 1808

Intendant und Organisator der Hohen Karlsschule

Christoph Dionysius Seeger wurde am 7. Oktober 1740 als Sohn des Pfarrers Johann Gottlieb Seeger (1709-1777, 1735 bis 1744 Pfarrer in Schöckingen) und dessen erster Ehefrau Juliane Sibylle, geb. Lechler, geboren. Vom Vater ursprünglich ebenfalls für den geistlichen Stand bestimmt, besuchte er zur Vorbereitung auf das Theologiestudium die Seminare in Blaubeuren und Bebenhausen, entschied sich jedoch für den Eintritt in den Militärdienst und kam während des Feldzugs gegen Preußen in Kontakt zu Herzog Carl Eugen, der ihn seither gezielt förderte und ihm das Studium der Mathematik an der Universität Tübingen ermöglichte. 1762 wurde er Ordonnanzoffizier des Herzogs. Im gleichen Jahr erschien bei Johann Georg Cotta in Tübingen seine „Abhandlung von dem Einfluß der Künsten und Wissenschaften in die Kriegskunst“, mit der er auch auf wissenschaftlichem Gebiet auf sich aufmerksam machte.

Nach seiner Rückkehr nach Stuttgart übernahm Seeger zunächst Aufgaben im Straßenbau. Als Adjutant des Obersten von Scheler, der die Bauarbeiten auf der Solitude leitete, wurde er mit Planierungs- und Gartenarbeiten betraut. 1770 erhielt er den Auftrag zur Errichtung einer Erziehungsanstalt für angehende Gärtner und Stukkatoren. Die Anstalt, auf der zunächst Militärwaisen eine elementare Ausbildung im Lesen, Schreiben, Rechnen und Zeichnen erhalten sollten, wurde schon bald auch für Offizierssöhne geöffnet und der Unterricht zur Vorbereitung auf ein Hochschulstudium um Latein, Geschichte, Geographie und andere Fächer der höheren Bildung ergänzt. 1774 wurde eine juristische, 1775 eine medizinische Fakultät angegliedert und die Anstalt so endgültig zu einer Eliteakademie zur Heranziehung von militärischem und zivilem Führungsnachwuchs ausgebaut. Sie wurde schließlich nach Stuttgart verlegt und als „Hohe Karlsschule“ 1781 in den Rang einer Universität erhoben.

Die Karlsschule war eine persönliche Schöpfung Carl Eugens, der ein reges Interesse an der Entwicklung der Anstalt im Allgemeinen und auch am Tagesgeschäft zeigte. Seeger war ihr „Intendant“, hatte damit die faktische Leitung inne und wirkte an der Ausgestaltung und Umwandlung zur Hochschule maßgeblich mit, wenngleich sie zum Teil gegen seinen Rat erfolgte.

Sein Verhältnis zu Carl Eugen war trotz der kurialen Floskeln, mit denen er seine Korrespondenz unterzeichnete, eng und vertrauensvoll. An der Schule herrschte einerseits ein straffer militärischer Drill mit bis ins kleinste Detail geregeltem Tagesablauf, Abschottung nach außen und einem nach heutigen Maßstäben rigiden Strafsystem, das neben Ausgehverbot, Essens- und Urlaubsentzug auch Arrest und körperliche Züchtigung umfasste. Andererseits war sie vom Geist des aufgeklärten Absolutismus geprägt, denn die militärische Verfassung erstreckte sich nur auf die äußere Form, nicht auf den Unterricht. Den Zöglingen stand ein umfangreiches Bildungsangebot offen, das erst später durch die Fakultätszuweisung durch den Herzog in bestimmte Bahnen gelenkt wurde. Für die Professoren herrschte eine weitgehende Lehrfreiheit, soweit sie sich innerhalb ihres zugewiesenen Fachgebiets bewegten.

Seeger sorgte für ausreichende Verpflegung, Kleidung und Ausstattung der Schüler, entwarf die Lehrpläne, überwachte den Unterricht und die Prüfungen und wirkte bei Personal- und Gehaltsfragen mit. Auch in fachlichen Angelegenheiten wurde er häufig hinzugezogen. Kritik zog er sich für den wenig anregenden Kunstunterricht zu, der kaum Raum für individuelle Entfaltung bot. Der Eleve und spätere Kunstmaler Joseph Anton Koch, der – wegen seiner Sympathien für die Französische Revolution mit Relegation bedroht – vorzeitig von der Schule abging, zeigte in seiner „Karikatur auf die Kunstpraxis an der Hohen Karlsschule“ (1791) Seeger, wie er Koch mit einem Stock bedroht. Die Kritik richtete sich aber weniger gegen die noch verbreitete Prügelstrafe, als gegen die monotone Ausführung von Dekorationsmalereien.

Im Allgemeinen wurde die Erziehung auf der Karlsschule auch von ehemaligen Zöglingen positiv bewertet, wenn auch nicht immer so einseitig wie in den Lebenserinnerungen des späteren Mediziners und Hochschullehrers Friedrich Wilhelm von Hoven (Biographie des Doctor Friedrich Wilhelm von Hoven.., Nürnberg 1840), der auch Seeger als „von allen Zöglingen hochverehrt“ ein mehr als warmes Andenken widmet. Trotz seines patriarchalischen Führungsstils wurde er jedenfalls von den meisten Schülern wegen seiner Umgänglichkeit geschätzt. Peter-André Alt schreibt in seinem Standardwerk der Schillerforschung (Schiller. Leben – Werk – Zeit. Band 1, München 2009): Seeger „verkörperte keineswegs den unkultivierten Typ des soldatischen Ordnungsfanatikers, sondern zeigte in Konfliktfällen Verständnis und Liberalität. Auch Schiller gegenüber hat er sich später durchaus nobel und, im Rahmen der von seinem Landesherrn zugestandenen Möglichkeiten, tolerant verhalten.“ Letzteres bezieht sich auf Schillers Flucht aus Stuttgart im September 1782. Von Mannheim aus schrieb der Dichter an den Herzog selbst und an Seeger, damit dieser ein gutes Wort für ihn einlege. Auch dies spricht für die außerordentliche Vertrauensstellung, die der Intendant bei den Schülern genoss. Schiller besucht ihn auch nach seiner Rückkehr nach Stuttgart 1793.

Vom Beginn bis zum Ende der Anstalt trug Seeger die Verantwortung für den Betrieb. Carl Eugens Nachfolger, Herzog Ludwig Eugen, ließ die Schule 1794 schließen. Seeger wurde daraufhin wieder im aktiven Heeresdienst verwendet und nahm an den Napoleonischen Kriegen teil. Vom Kaiser wurde er 1801 in den erblichen Freiherrenstand erhoben. 1806 nahm er als Generalmajor und Brigadier seinen Abschied. Er starb am 26. Juni 1808 während eines Aufenthalts bei seiner Tochter Caroline Friederike, verh. v. Kauffmann in Blaubeuren.