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Volkstrauertag 2025 im Zeichen zahlreicher anhaltender Konflikte in dieser Welt

Jugendkantorei GioCoro
Jugendkantorei GioCoro
 
Dekan König
Dekan König

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Zum Volkstrauertag 2025
Dekan Alexander König
 
In diesem Jahr schauen wir auf 80 Jahre Friede in unserem Land zurück. Am 8. Mai 1945 endete in Europa der 2. Weltkrieg.
In dieser Woche wurde in Berlin an das 70jährige Bestehen der Bundeswehr erinnert in der Vereidigung neuer Soldaten und Soldatinnen.
Am 12. November 1955 waren 101 neue Soldaten in der neu gegründeten Bundeswehr vereidigt worden.
Seit einiger Zeit beschäftigt sich die deutsche Politik mit der Frage, wie die Armee wieder aufgestockt werden könne und wie neue Soldaten und Soldatinnen auch gegen ihren Willen oder ihre Überzeugung rekrutiert werden könnten. Die einen sprechen von einem Losverfahren, die anderen von einer allgemeinen Verpflichtung aller volljährigen Bürgerinnen und Bürger, die dann selbst wählen können, ob sie sich dem Wehrdienst oder einem zivilen Dienst zur Verfügung stellen.
 
So hatten wir in der zurückliegenden Woche immer wieder Bilder von Soldaten und Soldatinnen vor Augen, die teils aus dem Archiv kamen und teils live aus Berlin. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, irgendwie berührt es mich immer auf eine ganz eigenartige Weise, wenn ich sehe, wie Menschen in Uniform marschieren oder ihr Gewehr auf die Schulter nehmen. Ich bin an Bilder aus den Weltkriegen erinnert, die ich Gott sei Dank nur als Fotos und als Filmausschnitte kenne. Ich bin so dankbar, dass ich in einem Land lebe, das seit 80 Jahren die Vorzüge von Frieden, Freiheit und Demokratie genießen kann.
 
Für die Kirchen in Deutschland haben
BISCHÖFIN KIRSTEN FEHRS,
Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland,
 
und BISCHOF DR. GEORG BÄTZING,
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz,
ein gemeinsames Grußwort zum Volkstrauertag verfasst, das in den Gedenkstunden verlesen werden kann und sollte. Aus diesem Grußwort will ich nun einen größeren Teil zitieren:
 
„Es zeichnet unsere Gesellschaft aus, dass wir
am Volkstrauertag der Erinnerung an die
Opfer und Verletzungen sowie dem Nach-
denken über die bleibende Verantwortung,
die aus alldem erwächst, Raum geben.
 
Und es gehört zu den grundlegenden Erfahrun-
gen unseres Landes, dass eine wahrhaftige
und selbstkritische Erinnerung eine der
zentralen Voraussetzungen dafür ist, dass
es überhaupt zu schmerzhaften Heilungs-
prozessen kommen kann.
 
Dass wir uns 80 Jahre nach dem Krieg immer noch mit ihm und seinen Folgen auseinandersetzen, zeigt,
wie tief die Wunden des Krieges sind.
Die Folgen der Gewalt wirken über Genera-
tionen hinweg. Wir sind gut beraten, dies
nicht zu vergessen.
Die Erinnerung an das 80-jährige Kriegsen-
de fällt in eine Zeit, in der in Europa erneut
ein Krieg stattfindet und in der die Demo-
kratie, auch in Deutschland, von innen wie
von außen angegriffen wird.
Fragen von großem Ernst müssen vor dem Hintergrund unserer geschichtlichen Erfahrungen beantwortet werden:
Stehen wir ein für die
Demokratie, für Menschenwürde als leiten-
des Prinzip aller Ordnung und die gleiche
Freiheit aller? Bieten wir denen, die den
Grundsatz der Gewaltfreiheit in den zwi-
schenstaatlichen Beziehungen missachten
und damit den Frieden zerstören, die Stirn?
Vor dem Hintergrund der Ereignisse in der
Ukraine kommen bei vielen Menschen
aus der Erlebnisgeneration des Zweiten
Weltkriegs eigene schmerzhafte Erfahrungen hoch. Nicht wenige haben Angst. Wir schulden gerade auch diesen Menschen unsere Solidarität. Der Volkstrauertag ist ein
solches Zeichen generationsübergreifender
Solidarität.  […]
 
Zu einer heilsamen, Versöhnung ermöglichenden Erin-
nerung gehört, aufrichtig und wahrhaftig
zu sein. Das gilt auch für die Bereitschaft,
sich den Verletzungen der Anderen ebenso
zu stellen wie den eigenen.
Wenn diese Bereitschaft heute von rechtspopulistischen Kräften infrage gestellt wird, spaltet das die Gesellschaft und verstellt die Möglichkeit zur Versöhnung.
 
Am angemessenen Umgang mit den Toten zeigt sich die Menschlichkeit einer Gesellschaft.
Im Angesicht des Todes stellen
sich die großen Fragen nach dem Sinn des
menschlichen Lebens.“
 
Soweit das Zitat aus dem Grußwort der beiden Kirchen in Deutschland.
 
Ich beantworte heute bestimmt nicht die große Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens. Aber ich erinnere daran, dass Menschen mit Vernunft begabt sind und nachdenken können. Menschen können sogar über sich hinausdenken und sich in die Lage der anderen Seite versetzen.
Menschen hätten sogar so viel Verstand, dass sie mit ihren Mitteln das Leben auf der ganzen Erde auslöschen könnten.
Darum halten die Religionen den Auftrag der Menschen hoch, das Leben auf der Erde zu bewahren.
Wenn wir die Würde aller Menschen und das 5. Gebot, du sollst nicht töten, ernstnähmen, müsste mit dem ersten Todesopfer jeder Krieg sofort abgebrochen werden. Jedes Opfer ist ein Opfer zu viel.
Warum verwenden Menschen so viel Zeit, Geld und Verstand dafür, Kriege zu planen?
Wenn sie das gleiche Maß an Zeit, Geld und Verstand dafür verwendeten, Lösungen zu finden für Völkerverständigung und Versöhnung, Medizin und Welternährung, könnten alle Menschen weltweit in Frieden und Glück leben.
 
Wir erinnern heute an die Opfer, wir schätzen ihre Verdienste und denken an ihre Schmerzen. Wir sagen gerade deshalb: Nie wieder!