Stadt Ditzingen

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Karl Feucht

1893 – 1954

Mechaniker und Polarflieger

1909 reklamierte der US-Amerikaner Robert Edwin Peary für sich, als erster Mensch den Nordpol erreicht zu haben – eine bis heute umstrittene Behauptung. Eine Luftschiffexpedition unter Umberto Nobile, Roald Amundsen und Lincoln Ellsworth, die im Mai 1926 den nördlichsten Punkt der Erde überflog, gilt nach aktuellem Forschungsstand als die eigentliche „Entdeckung“ des Nordpols. Erst 1948 erreichte ihn eine sowjetische Expedition auch zu Fuß. Ein Jahr vor ihrer erfolgreichen Luftschiffexpedition hatten Amundsen und Ellsworth bereits einen vergeblichen Versuch mit zwei Dornier-Flugbooten unternommen. An diesem Vorhaben war auch der Heimerdinger Karl Feucht beteiligt.

Feucht, geboren am 24. Dezember 1893 als Sohn des Bauern Christian Feucht (1856-1929) und dessen Ehefrau Wilhelmine, geb. Hakius (1863-1954), erlernte nach dem Besuch der Volksschule das Schlosserhandwerk in Stuttgart und erhielt auf Vermittlung seines älteren Bruders Wilhelm einen Arbeitsplatz bei den Zeppelinwerken in Staaken bei Berlin.

Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er unter anderem als Mechaniker auf Zeppelin-Luftschiffen eingesetzt wurde, war Feucht für den Flugzeugkonstrukteur Claude Dornier tätig, der Friedrichshafen die Leitung einer eigenen Abteilung innerhalb des Zeppelin-Konzerns übernommen hatte. Als infolge der Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrags Entwicklung und Produktion ins Ausland verlegt werden mussten, kam Feucht im Schweizerischen Rorschach und bei der Construzioni Mecchaniche Aeronautiche S. A. in Marina di Pisa (Italien) zum Einsatz. In Marina di Pisa wurde die Baureihe Do J (sog. „Dornier-Wal“), ein Flugboot für zivile und militärische Zwecke, gebaut.

1925 erwarb Roald Amundsen bei Dornier zwei Wal-Flugboote für eine Expedition von Spitzbergen zum Nordpol. Ihre Aufgabe war es, so weit wie möglich in das noch unbekannte Gebiet zwischen Spitzbergen und dem Pol vorzudringen und sich über die Grenzen des Meeres und etwaige Landmassen zu orientieren und durch kartographische Aufnahmen und meteorologische Beobachtungen das Wissen über diesen Weltteil zu mehren. Als Werksmechaniker sollte Karl Feucht die für den Transport zerlegten Flugzeuge vor Ort montieren. Wenige Tage vor dem Start der Expedition bat ihn Amundsen um seine Begleitung. Das Team bestand schließlich aus den beiden Expeditionsleitern Amundsen und Ellsworth, zwei Militärfliegern und zwei Mechanikern. Feucht gehört neben Amundsen selbst und dem Piloten Hjalmar Riiser-Larsen zur Besatzung des Flugboots N 25.

Die Expedition startete am 21. Mai 1925 in Ny-Ålesund auf Spitzbergen, wurde aber zu weit nach Westen abgetrieben. Als das Benzin zur Neige ging, mussten die beiden Maschinen notlanden. Auf Grund eines technischen Defekts blieb ein Flugboot vor Ort zurück. Feucht gelang es, die N 25 wieder flugfähig zu machen, und ermöglichte so die unbeschadete Rückkehr der Expeditionsmannschaft nach Spitzbergen. Obwohl sie den Pol selbst nicht erreichte, gilt die Amundsen-Expedition von 1925 als eine Pionierleistung der Nordpolarforschung.

Karl Feucht nahm anschließend seine Arbeit bei den Dornier-Werken wieder auf. Er starb am 30. Juni 1954 in Friedrichshafen. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof in Heimerdingen. Die Grabstätte ist nicht erhalten. Amundsen hat Feuchts Leitungen im Rahmen der Expedition ausführlich gewürdigt. Auf Spitzbergen trägt die Feuchtbukta seinen Namen.

Zum Weiterlesen: Roald Amundsen: Die Jagd nach dem Nordpol (Berlin 1926).