Gemeindeübergreifende Maßnahmen für den Hochwasserschutz im Einzugsgebiet der Glems

Am 8. November 2011 fand eine öffentliche Präsentation der Starkregengefahrenkarten sowie eine Information über weitere Schritte der Zusammenarbeit zwischen den Glems-Anliegerkommunen zum Hochwasserschutz statt.

I. Rückblick / Ausgangslage

Die Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre, insbesondere aber die Starkregenereignisse der Jahre 2009 und 2010 mit ihren massiven Schäden in den Kommunen entlang der Glems, haben gezeigt, dass für eine strategische Hochwasserschutzplanung ein gemarkungsübergreifender Ansatz erforderlich ist.

Extreme Niederschläge, insbesondere im Bereich Ditzingen und Gerlingen sowie im Jahr zuvor in Korntal-Münchingen, haben in Teilen der Gemarkungen großflächige Überschwemmungen verursacht. Auch weitere Glems-Anliegerkommunen waren in der Vergangenheit direkt oder indirekt von Regenereignissen und den daraus resultierenden Überflutungen betroffen.

Die Kommunen Ditzingen, Gerlingen, Hemmingen, Korntal-Münchingen, Leonberg, Markgröningen, Schwieberdingen und Stuttgart haben sich deshalb entschlossen, eine abgestimmte Vorsorgestrategie zu entwickeln.

Mit Unterstützung des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Landratsamtes Ludwigsburg wurde als Grundlage für ein gemeinsames Risikomanagement die Erstellung von Starkregengefahrenkarten für das Einzugsgebiet der Glems in Auftrag gegeben.

Alle Glems-Anlieger haben sich für das gemeinsame Herangehen an diese Aufgabe ausgesprochen und sich zur gemeinsamen Finanzierung bereiterklärt. In einem öffentlich-rechtlichen Vertrag wurden Untersuchungsinhalte, Zuständigkeiten, Finanzierung und Kostenteilung für die Realisierung des Projektes geregelt. Die Stadt Ditzingen hat sich bereit erklärt, bei dem Gemeinschaftsprojekt der 8 Kommunen die Federführung zu übernehmen.

Das Regierungspräsidium Stuttgart fördert die Herstellung der Gefahrenkarten für Starkregenereignisse aufgrund des innovativen Charakters und des gemeinschaftlichen Ansatzes mit 50% der entstehenden Kosten. Jede Kommune trägt ca. 20.000 € an den Planungskosten. Der Kostenrahmen beträgt insgesamt 220.000 €.

II. Starkregengefahrenkarten für den Einzugsbereich der Glems

Wie wurden die Karten erstellt?

Nach der Auftaktbesprechung der Gemeinden am 5. August 2010 wurde der Leistungskatalog für die Erstellung von Gefahrenkarten erarbeitet und die Firma Geomer aus Heidelberg mit der Ausarbeitung der Gefahrenkarten beauftragt.

Wichtigstes Werkzeug für die Kartenerstellung sind Computersimulationen. Diese beruhen auf sogenannten hydrodynamischen Modellen. Solche Modelle bilden die Entstehung und den zeitlichen Verlauf des Starkregenabflusses möglichst genau nach. Durch die gute Datenverfügbarkeit bezüglich der Geländeinformation geht dies heute noch viel exakter als noch vor wenigen Jahren. Bei der Erstellung der Modelle fließen auch die Bodenbeschaffenheit und der Grad der Versiegelung ein.

Die nunmehr vorliegenden Starkregengefahrenkarten zeigen drei verschiedene Stärken von Niederschlagsereignissen und die damit verbundenen Gefahren und Risiken.

Was ist auf den Karten zu sehen?

Ein Starkregenereignis ist ein dynamisches Geschehen. Es lässt sich daher nicht komplett in eine statische Karte übertragen. Jedoch ist die Kartendarstellung die wichtigste Grundlage für alle darauf aufbauenden Maßnahmen der Raumordnung, der Bauleitplanung und der Krisenbewältigung. Wichtigstes Element der Karte ist die Darstellung der potentiell vom Starkregenabfluss betroffenen Flächen. Die aus der Simulation abgeleiteten Karten bilden im Hinblick auf die Zeitgleichheit der Betroffenheit kein reales Ereignis ab, sondern zeigen die Gefahren auf, wie sie bei verschiedenen Starkregenereignissen auftreten können.

Vom Büro Geomer wurden Modellrechnungen durchgeführt und verschiedene Starkregenereignisse in Gefahrenkarten dargestellt.

In den Karten werden für die maximal erreichte Wassertiefe verschiedene Blautöne verwendet. Dunkles Blau steht für Bereiche, die während des Starkregenabflusses besonders tief überschwemmt werden, helle Färbungen für geringere Tiefen, violett in flächige Überflutungen bei geringer Tiefe.

III. Hochwassergefahrenkarte des Landes

Die Hochwassergefahrenkarten des Landes haben - im Gegensatz zu den Starkregengefahrenkarten, die sich mit Schäden durch Oberflächenabfluss infolge Starkregen befassen - die vom Gewässer ausgehenden Überschwemmungsgefahren zum Inhalt. Das Regierungspräsidium ist derzeit dabei, die durch das Land erstellten Hochwassergefahrenkarten den Kommunen zur Plausibilisierung zur Verfügung zu stellen. Dank der zeitgleichen Vorlage der Hochwasser- und Starkregengefahrenkarten ist eine gemeinsame Interpretation der vorliegenden Erkenntnisse beider Karten möglich.

IV. Weitere Schritte der Zusammenarbeit – Gemeinsamer Ansatz für ein Risikomanagementprozess im Einzugsgebiet der Glems

Auf der Grundlage der vorliegenden Starkregengefahrenkarten unternehmen die 8 Kommunen den weiteren gemeinsamen Schritt zur Risikovorsorge. Im Rahmen eines Risikomanagementprozesses sind die Hochwassergefahrenkarten des Landes und die Starkregengefahrenkarten der Glems-Anliegerkommunen hinsichtlich Ihrer Aussagen gemeinsam zu betrachten.
Im Rahmen des gemeinsamen Risikomanagements wird nicht nur Maßnahmenplanung im herkömmlichen Sinne betrieben. Vielmehr soll durch Einbeziehung der jeweiligen Fachleute in den Kommunen (Feuerwehr, Ordnungsamt, Gewässerplaner usw.) das Risikobewusstsein ressortübergreifend geschaffen werden. Konkrete Gefahrenbereiche werden lokalisiert und erforderliche Maßnahmen in einer Prioritätenliste katalogisiert.

V. Individueller Schutz, Umgang mit dem Risiko

Der Risikomanagementprozess und die daraus abzuleitenden Ergebnisse basieren auf der Kernaussage, dass ein vollständiger Schutz - wie bei anderen Naturereignissen - auch vor Hochwasser nicht möglich ist.

Neben unzweifelhaft als notwendig identifizierten Schutz- und Baumaßnahmen sind deshalb die Bewusstmachung des Risikos, Hinweis auf Notwendigkeit und Möglichkeiten zum individuellen Schutz und das Verhalten im Schadensfall zentrale Anliegen des Risikomanagementansatzes. Die Gefahrenkarten liefern hierzu die Grundlagen. Durch Einbeziehung und Information der Öffentlichkeit sollen die Möglichkeiten der Schadensvorsorge vermittelt werden.

10.11.2011

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