Verleihung der Bürgermedaille der Stadt Ditzingen an Herr Werner Schmidt

Auf Empfehlung der Jury „Bürgermedaille der Stadt Ditzingen“ hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 19. November 2002 den Beschluss gefasst, Herrn Werner Schmidt für sein langjähriges und nachhaltiges Engagement als ehrenamtlicher Beauftragter für Archäologie die

Bürgermedaille der Stadt Ditzingen

zu verleihen. Im Rahmen des diesjährigen Neujahrsempfanges am 19. Januar 2003 hat Oberbürgermeister Michael Makurath Herrn Werner Schmidt die verdiente Auszeichnung überreicht und seine Verdienste um das Wohl der Allgemeinheit gewürdigt. Herr Werner Schmidt ist nunmehr die dritte Persönlichkeit unserer Stadt, die für ihr bürgerschaftliches Engagement mit einer durch die Stadt Ditzingen gestiftete Bürgermedaille ausgezeichnet wird.

Im September 2000 hat der Gemeinderat mit der Einführung der Bürgermedaille und des Bürgerpreises der Stadt Ditzingen neue Formen der Würdigung für ehrenamtliches Engagement in Ditzingen eingeführt. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, auch eigenständig Personen, die sich über einen längeren Zeitraum in besonderem Maße in Ditzingen ehrenamtlich oder sich durch eine außergewöhnliche Einzelleistung für das Gemeinwohl engagiert haben, herauszuheben und zu ehren. Die Bürgermedaille wird mit Beschluss des Gemeinderates auf Vorschlag einer Jury, bestehend aus dem Oberbürgermeister sowie Vertretern der Fraktionen und Gruppen des Gemeinderates verliehen. Die Ehrung kann von Organisationen, Vereinen, der Stadtverwaltung und aus dem Kreis des Gemeinderates sowie von einzelnen Personen vorgeschlagen werden. Der Vorschlag ist in schriftlicher Form mit einer ausführlichen Darstellung der besonderen Leistungen und Verdienste des zu Ehrenden bei der Stadtverwaltung einzureichen. Ausgezeichnet werden können bis zu zwei Personen im Kalenderjahr. Die Bürgermedaille wird vom Oberbürgermeister oder von seinem Stellvertreter überreicht.

Seit Einführung der Bürgermedaille wurden 2001 Herr Horst Baumann und im Jahr 2002 Herr
Dr. Martin Otter mit der Bürgermedaille ausgezeichnet.



Ehrenamtliches Engagement und außergewöhnliche Einzelleistungen für das Gemeinwohl von Herrn Werner Schmidt

1968 hat Herr Schmidt seine Tätigkeit bei der Bodendenkmalpflege als Grabungshelfer in Gerlingen begonnen. Bis heute begeht er die Feldfluren und sammelt, kartiert und beschreibt die Zeugnisse der Besiedlung. 1974 wurde er offizieller ehrenamtlicher Beauftragter des Landesdenkmalamtes für Archäologie. Bei der Durchführung der aufwendigen und diffizilen Arbeit leistet Herr Schmidt jährlich zwischen 300 und 1000 Arbeitsstunden.

Als Beauftragter des Landesdenkmalamtes fungiert er als offizieller Ansprechpartner für die Behörden und Bauherren, auf deren Grundstücken historische Funde vermutet werden oder schon gefunden wurden. Seit Mitte der 80er Jahre hat Herr Schmidt auch größere Grabungsvorhaben in Ditzingen und den Nachbargemeinden durchgeführt. Für Ditzingen bedeutsam sind die Grabungen in der Ortsmitte, wo im Jahre 1987 Reste der frühmittelalterlichen Besiedlung Ditzingens freigelegt werden konnten. Ebenso von besonderer Bedeutung war der Fund eines mittelalterlichen Gewölbekellers. In den gut erhaltenen Resten des eingestürzten Kellers konnten Bestandteile von Getreide, Obst und Kräutern geborgen werden. Sie wurden von Botanikern der Universität Hohenheim analysiert und bestimmt. Dank dieser Funde konnte in Erfahrung gebracht werden, welche Getreidearten und –sorten unsere Vorfahren vor mehr als 800 Jahren hier angebaut haben, von welchen Krankheiten das Obst befallen war und wieviele Wildkräuter in den Getreidevorräten dieses Hauses vorhanden waren.

Weitaus größere Herausforderungen meisterte Herr Schmidt bei den großen Neubauvorhaben im Zuge der Erweiterung der Gewerbegebiete in der Flur Stütze und beim Bau der Westumfahrung in den 90er Jahren.

In der Flur „Stütze“ wurden an der Südseite der Siemensstraße unter der verantwortlichen Leitung von Herrn Schmidt zwei großflächige dörfliche Siedlungen aus der Jungsteinzeit ausgegraben. Auf einer Fläche von ca. 10.000 qm konnten 200 identifizierbare Fundstellen im Boden vermessen, ausgegraben und dokumentiert werden. Nicht die einzelnen Funde an sich machten hier den überragenden Wert der Grabung aus, sondern die Aussagen über die Form und Größe der Siedlung waren hier von Wichtigkeit. So ist heute bekannt, dass vor 6000 Jahren auf diesem Teil der Markung große Dörfer, umgeben von hohen Palisaden errichtet wurden, zerfielen und in naher Umgebung wieder aufgebaut worden sind.

Auch in Schöckingen und Heimerdingen hat Werner Schmidt wichtige Funde zur Siedlungsgeschichte freigelegt und gesichert. Zuletzt Reste einer neolitischen Siedlung und Teile der mittelalterlichen Siedlung in der Schöckinger Ortsmitte.

Die Grabungen vor Ort sind die eine Seite der Tätigkeit des ehrenamtlichen Beauftragten für Archäologie, die andere Seite ist die Auswertung und Dokumentation der Funde. Die bedeutenden Funde wurden von Studenten und Wissenschaftlern ausgewertet und die gewonnenen Ergebnisse publiziert. Der weitaus größte Teil der Befunde und der Funde wurde und wird auch heute noch von Herrn Werner Schmidt selbst kartiert und beschrieben. Beim Stadtarchiv Ditzingen lagern zahlreiche Ordner mit Kopien der Fundberichte. Damit bleiben die Früchte der wertvollen Arbeit der Nachwelt erhalten.

Für sein ehrenamtliches Engagement, das er auf einem anerkannt hohen Niveau ausübt, wurde Werner Schmidt 1987 mit dem Kulturpreis der SPD Ditzingen und 1990 mit dem Württembergischen Archäologiepreis ausgezeichnet. Seit 1993 ist der „Aktivmensch“ und passionierte Wanderer, der unter anderem einen 2.500 km langen Fußmarsch nach Santiago de Compostela bewältigt hat, im Ruhestand. Seiner Leidenschaft als ehrenamtlicher Archäologe geht Herr Schmidt auch heute noch mehr denn je nach! Neben seinen archäologischen Tätigkeiten bearbeitet er auch seit einigen Jahren Kirchenbücher und gibt im Auftrag des Vereins für Familien- und Wappenkunde in Württemberg und Baden die Heftreihe „Ortsfremde in Württembergischen Kirchenbüchern“ heraus.

Seit einigen Jahren wandert er, wie bereits erwähnt, auf den Wegen der Jakobspilger. Über seine Erlebnisse und Eindrücke berichtet er in kleinen Dokumentationen. Eine Sammlung von Fotos seiner Pilgerreisen konnte jüngst im Stadtmuseum Ditzingen bewundert werden.

22.01.2003

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