Neujahrsansprache 2003


Sehr geehrte Damen und Herren jeglicher Ehre,

Das Jahr 2002 war ein gutes Jahr für die Stadt Ditzingen.

Die Südumfahrung Hirschlanden konnte in Betrieb genommen werden.

Der ganze Stadtteil hat dies zum Anlass für eine große Feier genommen.

Zurecht. Der Wohnwert Hirschlandens wurde durch diese neue Straße erheb-lich verbessert.

Das es soweit gekommen ist, verdanken wir auch der politischen Unterstüt-zung unseres Wahlkreisabgeordneten Günther Oettinger.

Ich freue mich deshalb besonders, ihn heute mit seiner Familie bei uns begrü-ßen zu können.

Meine Damen und Herren,

ein neuer Sportplatz entsteht im Seehansen und auch die lang erwartete Sporthalle kommt, trotz gewisser finanzieller Probleme.

Das Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche konnte weiter verbessert wer-den.

Die Freizeitanlage Waldstraße wurde ausgebaut und an der Konrad-Kocher-Schule erproben wir eine Skateanlage und ich hoffe, dass wir Erfolg damit ha-ben.

Die Evang. Kirchengemeinde in Schöckingen stellt den Jugendlichen Räume in ihrem Gemeindehaus zur Verfügung.

In Hirschlanden kooperieren wir in der Jugendarbeit mit der dortigen evangeli-schen Kirchengemeinde.

Gemeinsam soll dort eine hauptamtliche Kraft angestellt und finanziert wer-den.

Die Theodor-Heuglin-Schule und die Katholische Kirchengemeinde stellen Räume für diese Arbeit zur Verfügung.

III.

Auch in der Stadtentwicklung sind wir weitergekommen.

In Schöckingen ist die Planung für eine Umfahrungsstraße so weit fortge-schritten, dass wir mit dem Land in konkrete Verhandlungen eintreten können.

Ich hoffe, dass wir eine baldige Realisierung erreichen.

Auch in Heimerdingen planen wir weiter an der Ortsumgehung.

Auch die überfällige Sanierung der Ortsdurchfahrt Heimerdingen soll im Jahr 2003 endlich erfolgen.

Und durch den Beschluss des Bebauungsplanes für das Wohngebiet „Feuerba-cher Straße“ wird ein lang gehegter Wunsch der Heimerdinger bald erfüllt werden.

In Ditzingen selbst haben wir die Planung des Wohngebietes an der Dit-zenbrunner Straße abgeschlossen.

Nun können hier in absolut zentraler Lage Wohn- und Geschäftsgebäude ent-stehen.

Und im geplanten Baugebiet am Westlichen Ortsrand Ditzingen werden wir in diesem Jahr mit den Umlegungsgesprächen beginnen.

IV.

Bei der 25 Jahr Feier der Großen Kreisstadt Ditzingen wurde die Aufnahme unserer Innenstadt in das Landessanierungsprogramm angesprochen.

Nun, im Jahr des 50. Geburtstags des Landes Baden-Württemberg sind wir tatsächlich in das Programm aufgenommen worden.

In diese Sanierung fließen in den nächsten neun Jahren immerhin ca. 2,5 Mil-lionen Euro.

Das Interesse in der Bevölkerung ist groß und ich bin zuversichtlich, dass wir bald positive Veränderungen wahrnehmen.

Durch den Bau eines neuen Geschäftshauses auf den städtischen Grundstü-cken Marktstraße 28 und 30 soll unsere Haupteinkaufsstraße gestärkt wer-den.

Und schließlich wird mit einem neuen Lebensmittelmarkt am Kreisverkehr in Hirschlanden die Versorgung der Stadtteile verbessert.

Ich bin zuversichtlich, dass wir auch hier im Jahr 2003 zu Baumaßnahmen kommen.

V.

Das Jahr 2002 war aber auch wieder ein Jahr der bürgerschaftlichen Initiati-ven.

Die Hospiz - Initiative und der ökumenische Behindertentreff „Miteinander- Füreinander“ wurden durch den Ministerpräsidenten im Neuen Schloss in Stuttgart für ihr Engagement ausgezeichnet.

Die Initiative „Altes Rathaus Schöckingen“ und die Aktivisten der Stadtrander-holung erhielten eine Anerkennung des Landes für ihre Leistungen.

Erneut ein Erfolg war die Bürgermesse, die Neu- und Altbürger mit den Verei-nen, Gruppen und Organisationen unserer Stadt zusammengeführt hat.

Ich bedanke mich bei allen, die diese Veranstaltung zu einem Erfolg werden ließen.

Für mich, und sicher nicht nur für mich, war der Besuch einer Gruppe ehema-liger Zwangsarbeiter in Ditzingen ein besonderer Höhepunkt des abgelaufenen Jahres.

Es war für alle Beteiligten beeindruckend, diese Menschen bei der Rückkehr an einen Ort zu begleiten, an dem sie sich damals als Jugendliche und junge Er-wachsene unter Zwang aufhalten mussten.

Wir haben mit großer Offenheit über die negativen, aber auch die positiven Erinnerungen gesprochen und ich glaube, dass vor allem die beteiligten Schü-lerinnen und Schüler unseres Gymnasiums von diesen Begegnungen enorm profitiert haben.

Aber auch die zum Teil jungen Begleitpersonen aus Polen und der Ukraine ha-ben sicherlich ein differenziertes Bild von den Deutschen mit nach Hause ge-nommen.

Bemerkenswert waren die vielen herzlichen Kontakte, auch mit alten Bekann-ten, die in Schöckingen entstanden sind.

Hier hatten die landwirtschaftlichen Ortsverbände unserer Teilorte einen A-bend gestaltet, der zu einer der wichtigsten Veranstaltungen dieser Woche wurde.

Und ich denke, dass auch die von der Ditzinger Initiative " Gegen das Verges-sen " übergebenen Spenden der Bevölkerung bei diesen zum Teil in bitteren Verhältnissen lebenden Menschen ihr humanitäres Ziel erreicht haben.

VI.

Aber auch Katastrophen gab es im vergangenen Jahr.

Bei der Bewältigung der Flut in Ostdeutschland zeigte sich beeindruckend, wie viel Kraft, Solidarität und Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft liegen.

Auch in Ditzingen sind Einzelpersonen und Vereine spontan aktiv geworden, um Hilfsmaterial und Geld zu sammeln, damit die Schäden der Flut möglichst rasch wieder beseitigt werden können.

Sie wurden fast überrollt von der Flut der Hilfsbereitschaft.

Nicht Geiz ist geil, sondern Geben ist seliger als Nehmen!

Diese Welle der Solidarität hat einen ganz wesentlichen Beitrag zum Zusam-menwachsen der Deutschen im Osten und Westen geleistet.

Auch dafür ein herzlicher Dank allen, die sich eingebracht haben.

VII.

Für viele gehört auch die Einführung des Euro in die Reihe der Katastrophen.

Sie hat zwar organisatorisch gut geklappt, aber die wahre Liebe ist es noch nicht.

Gewisse Branchen haben bei ihrer Preisgestaltung gleich 2 Fehler gemacht: Sie haben erstens die rechnerischen Fähigkeiten ihrer Kunden und zweitens deren Erinnerungsvermögen an die alten Preise unterschätzt.

Und der gesamte Handel muss nun mit permanenten Rabattaktionen versu-chen, dem so verunsicherten und verprellten Kunden die Lust am Konsum wieder einzuhauchen.

Auch das ein Grund für das schwache Wachstum. Immerhin hängen 60% des Bruttoinlandsproduktes vom privaten Konsum ab.

VIII.

In wenigen Jahren wird auch Ungarn Mitglied der Europäischen Union sein.

Die Ungarn haben dann den Vorteil, aus den Fehlern, die man hier möglicher-weise gemacht hat, lernen zu können.

In unserer Partnerstadt Gyula gab es im letzten Jahr Kommunalwahlen und ich freue mich, dass meine neu gewählte Amtskollegin, Frau Dr. Perjési, heute mit einer Delegation unter uns ist.

Ich hoffe und bin gleichzeitig sicher, dass diese Städtepartnerschaft, auf die sich der Ditzinger Gemeinderat ausdrücklich konzentriert, auch unter ihrer Leitung weiter prosperieren wird.

Seien Sie herzlich willkommen in Ditzingen!

IX.

Meine Damen und Herren,

das Jahr 2003 ist schon 19 Tage alt.

Aber ich glaube, dass es für gute Wünsche für die restlichen 346 Tage noch nicht zu spät ist.

Schon gar nicht, wenn man die politische Situation und die wirtschaftliche La-ge ansieht.

Da kann man sich eigentlich gar nicht genug Gutes wünschen.

Eine Hauptsorge vieler Menschen ist im Moment die Entwicklung im Irak-Konflikt.

Wir Deutschen sind in die internationale Verantwortung für den Frieden einge-bunden.

Heute stehen 7000 deutsche Soldaten im Kosovo, in Mazedonien und in Af-ghanistan und schützen den Frieden der dortigen Bevölkerung.

Mit den deutschen Erfahrungen der Vergangenheit, kann sich unser Land sol-chen Verpflichtung auch nicht kategorisch entziehen.

Aber ebenso wenig, wie es ein kategorisches Nein und Nie geben kann, eben-so wenig gibt es eine Verpflichtung, immer und zu allem Ja zu sagen.

Auch und gerade gegenüber guten Freunden bedarf es in Fragen von Krieg und Frieden einer souveränen, eigenen Entscheidung.

Und es gehört sogar zu den Freundespflichten, zu warnen, wenn in solche wichtigen Fragen Irrwege beschritten werden.

Ich denke, dass Deutschland im konkreten Fall die richtige Entscheidung ge-troffen hat und daran festhalten sollte.

Hoffen wir, dass es mit der Unterstützung anderer europäischer Partner ge-lingt, einen Krieg im Irak abzuwenden und zu diplomatischen Lösungen zu kommen.

Das wäre der beste Jahresbeginn, den wir uns gemeinsam wünschen können.

X.

Meine Damen und Herren,

ich will zum Jahresanfang kein Gejammer anstimmen.

Aber wir haben noch ein paar andere, drängende Probleme.

Sie wissen, dass es auch der Stadt Ditzingen wirtschaftlich schlecht geht.

So schlecht, wie seit 25 Jahren nicht mehr.

Im Jahr 2003 müssen wir ca. 1,5 Millionen Euro aus unseren Rücklagen ent-nehmen, um die laufenden Ausgaben für Strom, Wasser oder Personal bezah-len zu können.

Dass wir uns dabei in guter Gesellschaft befinden, ist ein schwacher Trost.

22 von den 36 Großen Kreisstädten im Regierungsbezirk Stuttgart können im kommenden Jahr ihren Haushalt nicht ausgleichen.

Im besseren Fall, zehren sie wie wir von den Rücklagen, im Regelfall müssen sie ihre Verschuldung erhöhen.


Wenn sich die Finanzausstattung der Städte und Gemeinden nicht sehr bald positiv verändert, dann geht es unserem Land wie dem Bauern, der sich dar-über ärgert, dass seine Kuh keine Milch mehr gibt.

Kaum hatte er ihr nämlich endlich das Fressen abgewöhnt, war sie auch schon gestorben.

Und es muss ein Prinzip eingeführt werden, das in jedem Wirtshaus gilt, nur bisher nicht beim Staat: Wer bestellt, bezahlt auch.

Wenn neue Aufgaben von oben zu den Kommunen durchgereicht werden, muss das notwendige Geld mitkommen.

Und wir müssen neue und klare Zuständigkeiten definieren.

Die klassischen Aufgabenverteilungen z. B. in den Schulen greifen nicht mehr.

Schulsozialarbeit, EDV-Ausstattung, Kernzeitbetreuung und Ganztagesange-bote organisieren die Kommunen, obwohl diese Themen untrennbar mit Schule und Unterrichtserfolg zusammenhängen.

Diese Aufgabenverteilung birgt das Risiko der Fehlsteuerung knapper Ressour-cen und behindert klare Verantwortlichkeiten.

Deshalb fordern die Kommunen, dass für die Betreuung der Kinder unter 6 Jahren die Kommunen und für die älteren Kinder das Land verantwortlich zeichnen soll.

Die zugesagte Kommunalisierung der Kindertagesstätten in Baden-Württemberg ist da ein erster Schritt in die richtige Richtung.

XI.

Wenn das Geld knapp ist, wird die Fantasie angeregt.

Die Situation ist auch nicht ganz neu.

Unser Ehrenbürger Alfred Fögen, denn ich herzlich mit seiner Frau begrüße, ist dafür ein Kronzeuge.

Zusammen mit dem Gemeinderat hatten Sie bereits in den schwierigen 90er Jahren die Weichen der städtischen Finanzpolitik neu zu stellen.

Auf dem damals angelegten Fundament konnten die Investitionen der Ver-gangenheit ohne eine nennenswerte Verschuldung der Stadt geleistet werden.

Aber nicht nur die solide Politik des Gemeinderates ist das Pfund, mit dem wir in Ditzingen wuchern können.

Wir haben viele solide, geniale, schaffige, kluge und - Gott sei Dank - erfolg-reiche Unternehmer in unseren Mauern, für die ich, stellvertretend für alle Anwesenden, Herrn Haller von der IHK Ludwigsburg begrüßen möchte.

Ohne das erfolgreiche Wirken dieser Unternehmer, ohne die Arbeitsplätze, die in ihren Betrieben geschaffen werden und ohne die Steuern, die abgeführt werden, wäre die positive Entwicklung unserer Stadt auch nicht möglich gewe-sen.

Dafür an dieser Stelle auch an sie ein herzlicher Dank.

Natürlich wünschen wir Ihnen weiterhin besten Erfolg, aber wir werden uns nicht allein darauf verlassen.

XII.

Sie lesen und hören zur Zeit viel über den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst.

Die gute Nachricht zuerst: Wir hatten ihn einkalkuliert.

So, wie wir auch Erhöhungen bei Versicherungen, Energie und Verbrauchs-materialien einkalkuliert haben.

Es ist einfach realitätsfern, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden eine höhere Vernunftbegabung zu unterstellen als Energieversorgern oder Versi-cherungen.

Nun die schlechte Nachricht: Dieser Tarifabschluß verteilt Zuwächse, die nicht da sind.

Dieses Paradoxon begleitet die Tarifverhandlungen in vielen Bereichen unserer Wirtschaft.

Im letzten Jahr z.b. gab es ein Wirtschaftswachstum von 0,2 %.

Der Durchschnitt der Tarifabschlüsse lag aber im letzten Jahr bei über 2 %.

Es ist also zehnmal mehr Zuwachs verteilt worden, als tatsächlich da war.

Nun sind wir leider eine Volkswirtschaft und nicht die Hochzeit von Kanaan.

Deshalb sind die Folgen auch andere: Beim Staat eine steigende Verschuldung und höhere Steuern, bei den Unternehmen sinkende Wirtschaftlichkeit, und bei beiden: Stellenabbau und Rationalisierungen.

Seit 1991 ist bei der Stadt Ditzingen, trotz eines massiven und personalinten-siven Ausbaus z.B. der Kindertagesstätten, die Zahl der Planstellen konstant geblieben.

Dies war nur möglich durch ebenso massive Einschnitte in anderen Bereichen der Stadtverwaltung.

Trotzdem sind in diesem Zeitraum die Personalkosten um 35% gestiegen.

Mit und ohne den aktuellen Tarifabschluss arbeiten wir deshalb schon seit Jahren daran, die Stadtverwaltung effektiver und kostengünstiger zu machen.

Wir haben z.B. die Bearbeitung der neuen Grundsicherungsrente hier vor Ort übernommen, ohne zusätzliches Personal für diese zeitaufwändige neue Auf-gabe einzustellen.

Teile der Reinigungsdienste sind ebenso privatisiert, wie die Herstellung der Gräber auf städtischen Friedhöfen.

Wir haben Einsparungen dadurch realisiert, dass die Sportvereine den Schließ-dienst in den städtischen Sporthallen selbst übernehmen.

Unser Arbeitszeitmodell im Betriebshof ist mittlerweile ein Vorbild für andere Städte und spart Jahr für Jahr Kosten von 50.000 €.

Wir haben die Öffnungszeiten unserer Ortschaftsveraltungen angepasst und können so mit weniger Personal die Aufgaben erledigen.

Und die Kosten- und Leistungsrechnung wird in den nächsten beiden Jahren eingeführt, so dass wir mit betriebswirtschaftlichen Methoden noch effizienter arbeiten können.

Wir sind hier auf einem guten, aber langen Weg und werden diesen konse-quent weiter verfolgen.

Dabei bin meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dankbar, dass sie diesen Weg mit Motivation und Leidensfähigkeit mitgehen.

Dennoch müssen wir im Gemeinderat über weitere Maßnahmen zur Stärkung des kommunalen Haushaltes beraten.

Dabei kommen wir nicht umhin, auch schwierige Themen anzusprechen, wie z.B. die Zukunft unseres Hallenbades, die Zuschüsse und Freiwilligkeitsleistun-gen.

Rein vorsorglich möchte ich sagen, dass ich weiß, dass wir beim Sparen immer zunächst bei den Anderen anfangen sollten.

Das praktische Problem ist nur, dass die Anderen der Einen nicht die Anderen der Anderen sind und wir deshalb der richtigen Anderen nicht habhaft werden.

Ich hoffe dennoch zuversichtlich, dass wir zu guten und tragfähigen Lösungen kommen werden.

XIII.

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass wir nicht mehr so viel von PISA hören.

Baden-Württemberg hat bundesweit mit einem Spitzenplatz abgeschlossen.

Im internationalen Vergleich liegt das Land der Dichter und Denker aber nur im Mittelfeld.

Eines der unschönsten Ergebnisse der Studie ist, dass bei uns für den Bil-dungserfolg eines Kindes die soziale Stellung und die Bildung der Eltern viel entscheidender ist, als in jedem anderen Teilnehmerland.

Das bedeutet zum einen, dass wir alles daran setzen müssen, durch verbes-serte Förderung der Kinder diese Ungleichgewichte auszutarieren.

Ich freue mich z.B. über die Bereitschaft der Kollegien unserer Hauptschulen in Hirschlanden und künftig auch in Ditzingen, eine Ganztagesbetreuung für ihre Schüler anzubieten.

Wir wollen auch die Kooperation zwischen den Kindertagesstätten und den Grundschulen verstärken und sind dabei, Konzepte für den Ausbau der Sprachförderung im Kindergarten zu entwickeln.

Eine zweite Schlussfolgerung aus dem Ergebnis ist aber auch, dass selbst die besten Kindertagesstätten und Schulen ohne die Unterstützung der Eltern kei-ne Erfolge erzielen werden.

Ein kleines Beispiel:

Wenn ich in meiner Schulzeit mit einer Strafarbeit nach Hause kam oder gar Nachsitzen musste, dann hat das die erzieherische Arbeit meiner Eltern im Sinne meiner Lehrer befruchtet.

Heute kann der Rüffel eines Lehrers dazu führen, dass Rechtsanwälte bemüht und Dienstaufsichtsbeschwerden formuliert werden.

Damit will ich Sie nicht dazu aufrufen, über echte Missstände hinwegzusehen.

Aber ich habe den Eindruck, dass in unseren Kindertagesstätten und Schulen gute Arbeit geleistet wird und wir Vertrauen in die Erzieherinnen und Lehrerin-nen setzen können.

Aber sie sollen und sie können nicht die Erziehungsleistung der Eltern mit ü-bernehmen oder ersetzen.

Nur wenn alle an der Erziehung Beteiligten ihrer Verantwortung gerecht wer-den, wird es wieder vorwärts gehen.

Die PISA - Diskussion hat auch die Bedeutung der musischen Bildung hervor-gehoben.

Das Erlernen eines Instruments ist für die Herausbildung der Persönlichkeit eines jungen Menschen wichtig, es fördert die sozialen Fähigkeiten und nach-gewiesener maßen auch die Intelligenz.

Anstatt eines PCs sollten deshalb politisch eigentlich eher eine Blockflöte und musikalische Früherziehung für jedes Kind gefordert werden.

Besonders erfreulich ist, dass in diesem Jahr am 8./9.02. erstmals seit 1989 wieder der kreisweite Regionalwettbewerb "Jugend musiziert" in Ditzingen stattfinden wird.

Wir verdanken es dem Vorsitzenden unserer Jugendmusikschule Ditzingen, Herrn Schwinge, und dem Schulleiter Herrn Frank, dass Ditzingen in diesem Jahr Austragungsort geworden ist.

Diese Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft des Herrn Landrat und ich freue mich, in seiner Stellvertretung den 1. Landesbeamten, Herrn Dr. Schnaudigel, bei uns begrüßen zu dürfen.

Lieber Herr Dr. Schnaudigel, es ist schön, dass der Landkreis diese prominente Veranstaltung auch finanziell unterstützt.

So fällt es uns ein wenig leichter, unsere hohe Kreisumlage zu bezahlen, wenn Jugend musiziert künftig in Ditzingen stattfindet sollte.

XIII.

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich zum Schuß kommen.

Die nächsten Jahre werden schwierig und wir alle stehen vor Herausforderun-gen.

Es besteht aber kein Grund dazu, alles schlecht zu reden oder sich gar in ab-wegigen Vergleichen mit der Weimarer Republik zu verlieren.

Deutschland ist - bei allen Schwierigkeiten - immer noch eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt.

Die deutsche Exportbilanz schließt 2002 wieder mit einem Ausfuhrrekord ab und unsere Wirtschaft baut ihren 2. Platz auf der Weltrangliste aus.

Noch immer werden im Jahr fast 1,7 Milliarden Überstunden geleistet und dies bei einem Rekordtief bei den Krankschreibungen in den Betrieben.

Wir haben eine Inflation von 1,5% und extrem niedrige Zinsen – zumindest im Bereich der Guthaben.

Nach meinem Empfinden hat auch die Bundespolitik mittlerweile das Ergebnis der Bundestagswahlen zur Kenntnis genommen und die zugewiesenen Rollen gefunden.

Es mehren sich die Signale, dass Regierung und Opposition in den wichtigen Fragen des Arbeitsmarktes, der sozialen Sicherungssysteme und der Steuerpo-litik Wege der Annäherung suchen.

Hier lohnt es sich allemal mehr, Kraft zu investieren, als in fragwürdigen Un-tersuchungsausschüssen über die Frage, wer die Beschreibung der Realität denn eigentlich mehr geschönt hat.

Von dem Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker stammt der Satz: „Es gibt genug Politiker, die gerne das Richtige täten, wenn Sie nicht wüßten, dass sie, gerade weil sie es tun, die nächste Wahl verlieren werden“.

Da ist viel Wahres daran.

Das Jahr 2003 ist das Jahr der Bibel.

Auch die Politik hat viel mit Glaube und Hoffnung zu tun, nur findet man im Gegensatz zur Bibel im Moment keinen Trost und keine Verheißung darin.

Im Buch der Bücher steht bei Mt 7/2: „Mit welchem Maß ihr meßt, wird euch zugemessen werden“.

Wir würden heute sagen, dass wir die Politik bekommen, die wir durch unser Verhalten und unsere Erwartungen verdienen.

Lassen wir also ab von den alten römischen Bräuchen, wonach schon der Ü-berbringer schlechter Nachrichten bestraft wird.

Erliegen wir nicht länger dem süßen Irrglauben, es könne alles bleiben wie es war.

Nutzen wir die eigenen Möglichkeiten, bevor wir nach dem Staat rufen.

Und überfordern wir unsere Mandatsträger nicht, indem wir ihnen politischen Selbstmord abverlangen, wenn sie das Richtige tun wollen.

Meine Damen und Herren,

Deutschland hat Probleme, die aus eigener Kraft lösbar sind und es hat die Kraft, diese auch selbst zu lösen.

Seien wir also nicht kleinmütig, sondern zuversichtlich!

Bleiben wir Optimisten, dann wird alles gut im nächsten Jahr!

Das wünsche ich Ihnen und Ihren Familien!

22.01.2003

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